A review by sunnydee
Bait by Alex Sanchez

5.0

Das Buch hat mich wirklich überzeugt. Der Hauptcharakter ist unglaublich natürlich und sympathisch, obwohl er ja eigentlich ein junger Krimineller ist. Es wird allerdings schön aufgedröselt warum er so ist wie er ist und man merkt bereits am Anfang, dass er grundsätzlich 'gut' ist. Er geht regelmäßig zur Schule, kümmert sich um seinen kleinen Bruder und verdient sich mit einem ehrlichen Job Geld dazu. Warum er einen seiner Mitschüler zusammengeschlagen hat, kommt dann nach und nach raus, als Diego mit seinem Bewährungshelfer spricht. Diese Gespräche wurden aus meiner Sicht unglaublich authentisch beschrieben und die Methoden, die Mr Vidas anwendet, sind wirklich interessant. Eigentlich agiert der Bewährungshelfer schon eher als Therapeut, aber das erklärt sich später im Buch noch. Themen, die in diesem Buch bearbeitet werden sind Missbrauch, Homosexualität, Vertrauen, Identitätsfindung, erste Liebe, Freundschaft... Diego wirkt noch relativ jung in seinen Handlungen und Äußerungen, daher liest sich das Buch teilweise eher wie ein Middle-Grade als ein Jugendbuch. Das Buch lebt davon, dass Diego nach und nach in seinen Gesprächen mit Mr Vidas seine traumatischen Erlebnisse aufarbeitet und somit zu sich selbst findet. Als Nebenhandlung hat man die leichte Liebesgeschichte, die das ganze etwas auflockert und Diego auch ein Ziel gibt. Auch diese Liebesgeschichte wurde sehr realistisch entwickelt. Die Charaktere wirken alle sehr verständnisvoll und sympathisch. Lediglich Diegos Mutter macht es einem aus bestimmten Gründen sehr schwer. Sie ist an sich sehr liebevoll, hat aber etwas (aus meiner Sicht) unverzeihliches getan. Da ich im realen Leben mit solchen Fällen zu tun habe, weiß ich, dass ihr Verhalten durchaus realistisch möglich ist und das erschreckt und ärgert mich immer wieder. Das Buch versucht keine Schuldzuweisungen zu geben, sondern konzentriert sich darauf, wie Diego für sich realisieren muss, wie es in der Zukunft weiter gehen soll. Ihm wird nie ein Weg von Mr Vidas vorgegeben sondern er führt ihn sehr behutsam in die richtige Richtung bzw. zeigt ihm Möglichkeiten auf. Für Außenstehende kann diese Vorgehensweise bzw. Umgang mit Opfer, Täter und Mittätern vielleicht etwas befremdlich sein, aber es geht darum wie das Opfer am besten mit dem Erlebten umgehen kann und wie es sein zukünftiges Leben am lebenswertesten gestalten kann. Man merkt dem Buch deutlich an, dass der Autor selbst im sozialpädagogischem Bereich gearbeitet hat. Für mich war es wirklich ein tolles, emotionales Erlebnis.

Wertung:
4,6 Sterne